Blogger Widgets
Dienstag, 18. Juni 2024

Camino Inglés - in 5 Etappen nach Santiago

Ende Mai reiste ich zum bereits dritten Mal nach Nordspanien um als Pilger einen der zahlreichen Jakobswege nach Santiago de Compostela zu gehen. Begleitet wurde ich auf diesem Weg von meinem älteren Kumpel Tom, der nach meinen Berichten zum Camino Primitivo und Camino Portugues interessiert und motiviert war, erstmalig zu pilgern. Wir entschieden uns für den kürzesten, direkten Jakobsweg nach Santiago, den offiziell 113 km langen Camino Inglés (spanisch für Englischer Weg). Dieser heißt so, da auf dieser Route ursprünglich die englischen Pilger nach Ihrer Seefahrt durch den Golf von Biskaya unterwegs waren. Der Camino Inglés beginnt dabei einerseits in Ferrol, andererseits alternativ in A Coruña (nur rund 73 km). Von beiden Städten her führt der gut markierte Weg ausschließlich durch Galicien. Zunächst nach Betanzos und von dort südwärts nach Santiago de Compostela. Statt mit dem Schiff, reisten wir wie die meisten Pilger heutzutage zunächst mit dem Flugzeug an. Da unser Ausgangspunkt Ferrol keinen Flughafen besitzt, flogen wir in die galicische Hafenstadt A Coruña. 

Ankunft und Start in Galicien

Nach unserer Ankunft am frühen Abend in der 245.000 Einwohner Stadt, unternahmen wir nach dem Hotel Check-In einen kurzen Spaziergang entlang des Stadtstrand Praia de Orzán hin zum Fußballstadion Estadio Riazor. Vor rund 32.000 Zuschauern bestritt Deportivo La Coruña sein letztes Ligaspiel gegen Real Unión. Dieses gewann Deportivo mit 3:1 und stieg damit wieder in die 2. Spanische Liga auf. 

Fußballspiel im Estadio Riazor

Nach Spielende gingen wir müde ins Bett und hatten am nächsten Morgen noch einen guten halben Tag in A Coruña. Nachdem Frühstück unternahmen wir eine 2-stündige Free Walking Tour mit Guide Cesar um mehr von A Coruña zu erfahren. Ausgangspunkt war der Hauptplatz Praza de María Pita, benannt nach María Pita, einer Metzgersfrau, sie hob sich bei der Bekämpfung der englischen Freibeuter um den Piraten Sir Francis Drake 1589 durch ihre Hartnäckigkeit hervor. 

María Pita Statue

Rückansicht vom Rathaus von A Coruña am Praza de María Pita

Von dort aus führte uns Cesar durch die engen Gassen der Altstadt. Vorbei an den Glaubensgebäuden des Colexiata de Santa María do Campo, des Convento de Santa Bárbara und der Kirche Igrexa de Santiago. Dann weiter zum Hafen, vorbei an den typischen Balkonfassaden, hin zum Praza do Humor, einem Platz gewidmet humoristischen Comicfiguren. Bis die Tour am Stadtstrand Praia de Orzán endete. 

Colexiata de Santa María do Campo

Museum Pazo da Capitanía

Typische Balkonfassaden

Praza do Humor

Anschließend spazierte ich mit Tom noch zum Wahrzeichen der Stadt, dem auf einer Halbinsel vorgelagerten Torre de Hércules. Ein zum UNESCO-Welterbe gehörender römischer Leuchtturm (der zweithöchste Spaniens mit 55 m) mit angrenzendem Skulpturengarten. Von dort aus machten wir uns schließlich auf den Weg zum Bahnhof von A Coruña. Mit der Regionalbahn fuhren wir ins 55 km entfernte Ferrol, dem Hauptstartpunkt für den Camino Inglés. 

Torre de Hércules

In Ferrol kamen wir nach etwas mehr als einer Stunde Zugfahrt an und hatten am frühen Abend noch etwas Zeit für einen Rundgang durch die mit rund 65.000 Einwohnern beschauliche Hafenstadt. Dabei kamen wir beim Hafen auch am Startstein des Camino Inglés vorbei. 

Tom am Startstein des Camino Inglés

Blick auf den Hafen von Ferrol

Nach einer Nacht im Zentrum von Ferrol startete am nächsten Morgen schließlich mein nächstes Pilgerabenteuer. Wie zuvor bei meinen vorherigen Caminos schildere ich auch dieses Mal ein paar Fakten, Highlights und Erlebnisse zu den einzelnen Etappen. Die Kilometerangaben entsprechen der Aufzeichnung meiner verwendeten Wander-App Komoot.

Offiziell 113 km nach Santiago de Compostela

Etappe 1: Ferrol – Pontedeume (22,7 km) 

Auf den ersten Kilometer raus aus Ferrol durchqueren wir ein Industriegebiet. Danach setzt sich der Weg entlang der Flussmündung auf einem ruhigen Weg ohne Unebenheiten mit schöner Aussicht auf die Bucht von Ferrol fort. Für dem Weg auf die gegenüberliegende Seite der Bucht, wo der Camino weiter nach Süden verläuft, gibt es 3 Möglichkeiten. Zunächst kommt man an die Abzweigung der Autobahnbrücke Ponte das Pías. Hier kann man erstmals abkürzen und entlang der Schnellstraße FE14 laufen. Die zweite und schönere Abkürzung folgt nach ca. 8 km hinter dem schönen kleinen Kloster San Martiño de Xuvia. Hier läuft man entlang der Eisenbahnbrücke direkt nach Neda. Ansonsten bleibt als dritte Möglichkeit noch komplett entlang der Bucht zu laufen. Tom und ich wählten den Weg über die Eisenbahnbrücke. 

Industriegebiet von Ferrol

Capela de Caranza

Kloster San Martiño de Xuvia

Weg über die Eisenbahnbrücke nach Neda

Auf dem anschließenden Weg nach Fene erhält man letztmalig einen Blick auf die Bucht von Ferrol. In Fene machten wir Pause und schauten dabei im Museo do Humor, also dem Humormuseum vorbei. Ausgestellt sind vor allem Karikaturen spanischer Künstler. Außerdem ein paar Skulpturen und eine Spiegelwand. 

Blick auf die Bucht von Ferrol

Museo do Humor - das Humormuseum in Fene

Tom im Museo do Humor

Von Fene bis nach Pontedeume überwinden wir die ersten kleineren Berge, bis wir über die Steinerne Brücke Ponte de Pedra unser Etappenziel erreichen. Trotz all der Anstrengung des ersten Tages erklimmen wir am Abend noch die Stufen des Torreón dos Andrade, einem alten Wachturm mit kleinem Museum. Von oben haben wir einen großartigen Ausblick auf die Stadt, die Brücke und den zuvor überquerten Fluss Rio Eume. 

Auf der Brücke Ponte de Pedra nach Pontedeume 

Ausblick vom Torreón dos Andrade auf den Rio Eume

Etappe 2: Pontedeume – Betanzos (22,6 km) 

Der Start in Pontedeume hat es in sich. Die ersten rund 2 km der Etappe gehen steil bergauf. Danach verläuft der Weg weitestgehend flach über Wald- und Wiesenwege bis nach 8 km kurz vor dem Ort Miño mit der Tetería peregrino die wohl beliebteste Pilgerraststätte entlang des Camino Inglés erreicht wird. Die liebevolle Gastgeberin Rocio wurde sogar in Miño mit einem Wandgemälde gewürdigt. Auch sonst finden sich in Miño einige weitere Wandmalereien zum Jakobsweg. 

Blick zurück nach Pontedeume 

Ankunft an der Pilgerraststätte Tetería peregrino

Wandgemälde zu Ehren von Rocio Díaz

Jakobsweg Wandmalerei in Miño

Ab Miño verläuft der Weg im zweiten Teil der Etappe in stetigem auf und ab außerhalb der Ortschaften, dafür vorbei an zwei schönen kleinen Kirchen entlang des Weges. Bis die mit 13.000 Einwohnern größte Stadt vor Santiago erreicht wird. Auch Betanzos besticht durch ihr historisches mittelalterliches Zentrum. 

Kirche Igrexa de San Martiño de Tiobre

Plaza de Hermanos García Naveira im Zentrum von Betanzos 

Etappe 3: Betanzos – Hospital de Bruma (23,8 km) 

Die dritte Etappe ist gemäß an ihren Höhenmetern die schwierigste des Camino Inglés. Auch gibt es hier kaum Verpflegungsmöglichkeiten. Dafür genießen wir ruhige und ländliche Umgebung auf einem sonst eher weniger sehenswerten Abschnitt. Tageshöhepunkt ist nach 16 km der schön angelegte Stausee Embalse de Beche. Auch Tom und ich machten hier eine Pause im Picknickbereich. 

Weg auf der dritten Etappe

Stausee Embalse de Beche

Auch danach verläuft der Jakobsweg auf dieser Etappe weiter kontinuierlich bergauf. Als höchsten Punkt auf dem Weg nach Santiago wird der 478 m hohe Hügel Castro Maior überschritten. Auch das Etappenziel, das Bauerndorf Hospital de Bruma befindet sich auf knapp 400 m Höhe. Hier gibt es leider nicht viel zu erleben. 

Überqueren des Hügel Castro Maior

Ankunft in Hospital de Bruma

Etappe 4: Hospital de Bruma – Sigüeiro (24,2 km)  

Der vierte Pilgertag begrüßt uns mit feuchtem Nebel. Die Etappe verläuft mit geringen Steigungen größtenteils auf Asphalt- oder Feldwegen und durchquert dabei gelegentlich kleine Dörfer. Am Nachmittag genießen wir mehrere einsame Abschnitte durch den Wald bevor wir im beschaulichen Sigüeiro ankommen. Dort hatten wir dann auch mal die Möglichkeit mit unseren neuen Camino Bekanntschaften gemütlich Essen zu gehen, darunter Martin aus Mosbach.  

Nebel zum Start in den Pilgertag

Pause bei einer "Pilgertankstelle"

Einsamer Abschnitt nach Sigüeiro

Abendessen mit neuen Camino Bekanntschaften

Etappe 5: Sigüeiro – Santiago de Compostela (16,4 km) 

Die fünfte und bereits finale Etappe auf diesem kürzesten Jakobsweg erforderte eine letzte Kraftanstrengung. Wir starteten früh auf die letzten 16 km um möglichst schon gegen Mittag in Santiago zu sein. Die ersten zwei Drittel des Weges verlaufen durch Wald- und Wiesengebiete, auf sehr angenehmen Wegen, dafür immer in der Nähe der Nationalstraße N-550. Auf dem letzten Abschnitt durchquerten wir zunächst das Industriegebiet Tambre und folgen schließlich den Markierungen durch die Straßen der nördlichen Viertel von Santiago bis nach insgesamt 113 km die Kathedrale am zentralen Platz Praza do Obradoiro erreicht wird. Zusammen mit Martin feiern wir unsere Ankunft. 

Angenehmer Weg nach Santiago

Ankunft durch die nördlichen Viertel von Santiago

Zusammen mit Martin und Tom am Praza do Obradoiro

Tom und ich vor der Kathedrale von Santiago

Danach besorge ich mir zusammen mit Tom unsere jeweilige Compostela, bevor wir für eine letzte Nacht in die zweitgrößte Herberge der Stadt, der Albergue Seminario Menor, einem ehemaligen Kloster einchecken. Am Abend trafen wir uns nochmals mit Martin. Gemeinsam gingen wir im beliebten Pilgerlokal Casa Manolo zum Abendessen. Danach stoßen wir in einer benachbarten Bar auf das Pilgererlebnis und meinen Geburtstag an.

Albergue Seminario Menor

Kleine Geburtstagsfeier in Santiago de Compostela 

Den nächsten Tag verbrachte ich größtenteils mit Tom in Santiago. Nach einem ausgedehnten Frühstück spazierten wir durch den Parque da Alameda. Danach liefen wir auf den benachbarten Hügel zur Cidade da Cultura de Galicia, ein moderner Gebäudekomplex mit Ausstellungen und Platz für kulturelle Veranstaltungen. Wir besichtigten das Eintrittsfreie Museum Museo Centro Gaiás mit moderner Kunst. Neben dem Museum und der modernen Architektur lohnt sich der Aufstieg auch für den herrlichen Blick über Santiago de Compostela. 

Parque da Alameda

Tom im Museo Centro Gaiás

Skulptur Espellos mit Blick auf Santiago

Am Nachmittag ging es zurück die Altstadt um unsere Rucksäcke in der Herberge abzuholen und um abschließend zum Busbahnhof zu gelangen. Damit endete meine erfolgreiche Pilgerreise mit Tom auf dem Camino Inglés.

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen